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Vielleicht verschwommen

Aktualisiert: 1. Mai 2023

Und ich seh dich

Seh dich verschwommen

Schwimme im Lärm

Und hab deine Stimme vernommen


Meine selbstgemauerten Grenzen

Die deine Frequenzen

Oft einfach blockieren

Hier, im Getümmel und Gedrängel

Meiner Gedanken, meiner Mängel


Und doch kann ich dich erkennen

Im warmen Lächeln durch die Menge

In Händen, die sich zaghaft berühren

Gereichte Hände

Gefallene Wände


Ich sehe dich schwammig reflektiert

Dort, wo die Wut ihren Boden verliert

Ein Spiegelbild von dir

Im unvolkommenen Hier

Wenn Fremde offene Türen finden

Und wir ihnen ihren Wunden verbinden

Wenn Frieden statt einer Emotion

Und einem gesungenen Ton

Sich in einen fassbaren Zustand verwandelt

Der von deiner Vergebung handelt


Wenn Stein auf Stein

Nicht ich, nicht mein

Sondern ich dir dein

Glück und dein Wohlergehen

Über dem meinen stehen sehe


Ich sehe dich in leisen Klängen

Gesummten Gesängen

Die Stille durchbrechen

Und von deiner Schönheit sprechen


Und nein

Es ist nicht leicht

Doch gerade in der Finsternis

Wo ich mein scheinbares Fundament vermiss

Scheinst du viel heller da zu sein

Du, das Licht der Welt

Der mich trägt und hält


Und ich staune

Dass du

Auf diesem Punkt, blau und klein

In dieser einen Galaxie

Mich siehst und sagst, du bist mein

Ich staune und ich weiss nicht wie

Du es aushältst, unter uns zu wohnen

die Lieder über Liebe vertonen

Die ständig betonen

Was richtig wäre

Die nachts, am Meer

Die von dir gemachten Sterne betrachten

Und am Tag unsere Nächsten für ihre Fehler verachten


Und doch bleibst du da

Wo dich einst ein Mensch gebar

Und ich seh wie die Strahlen

Deines Lichts

Um mich herum Geschichte malen


Wenn wir uns an Frieden probieren

Und durch deine Hoffnung unsere Angst verliern

Wenn aus Asche Schönheit entsteht

Rauch vergeht

Und jemand in den Trümmern Neuanfang sät

Wenn aus zerbrochenen, zertrümmerten Scherben

Des Krieges verwundete Erben

Miteinander für Versöhnung werben


Wenn kalte, innere Gleichgültigkeit

In der Gegenwart deiner Barmherzigkeit

Zu Tränen schmilzt, die unsere Augen füllen

Und wir unsere Trauer nicht verhüllen

Wenn unsere Graben aus Versagen

Eine Brücke voller Stücke

Aus Gnade finden

Und bittere Gedankenfetzen schwinden


Dann sehe ich dich

Vielleicht verschwommen

In beschlagenen Fensterscheiben

Vielleicht als Spiegelbild in Wellen, die im Wasser treiben

Vielleicht auch nur ansatzweise


Du

Für den und durch den und in dem alle Dinge sind

Und ich Wasser für meine Wüste find

So dass Pflanzen spriessen

Wo deine Hände meine trockene Erde giessen


Du

Die Liebe, die es aushält in unserer Mitte

Die nicht weicht, da wo zornige Tritte

Deine Vergebung zu Boden treten

Und ich kann nur beten

Und ich sehe dich

Wie du mit meinen krummen Krakeleien

Gerade Linien ziehst

Deine Farben den meinen ein Leuchten verleihen


Du

Empfänger meiner stockenden Zeilen

Und den Gebeten, die zwischen den Zeilen verweilen


Ich sehe dich, Empfänger trotzig geschleuderter Gebetsfetzen

Die aus meinen Gedanken gen Himmel hetzen

Wenn mich Zweifel zerreiben

Und mich Ängste einverleiben


Durch all das und in all dem seh ich dich

Und weiss - schon viel länger siehst du mich




Diesen Text habe ich im vergangenen Mai im Rahmen einer Predigtreihe in meiner Kirche vorgetragen. Er ist inspiriert von und angelehnt an einen Poetry-Text aus dem Just People Kursbuch von StopArmut.

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